Geistliches Eck

Ruheplatz am Wasser

 

Eine Delegation von Kolping Ecuador ist derzeit zu Besuch im Diözesanverband München und Freising.

Beim Wandern zum Kolpingkreuz in Mittenwald bin ich auf diese Szene gestoßen, die ich bildlich festgehalten habe.

 

 

 

 

 

 

 

 

Sie erinnert mich an Psalm 23:

 

Der Herr ist mein Hirt, nichts wird mir fehlen.

Er lässt mich lagern auf grünen Auen

und führt mich zum Ruheplatz am Wasser.

Meine Lebenskraft bringt er zurück.

Er führt mich auf Pfaden der Gerechtigkeit,

getreu seinem Namen.

Auch wenn ich gehe im finsteren Tal,

ich fürchte kein Unheil;

denn du bist bei mir,

dein Stock und dein Stab, sie trösten mich.

Du deckst mir den Tisch

vor den Augen meiner Feinde.

Du hast mein Haupt mit Öl gesalbt,

übervoll ist mein Becher.

Ja, Güte und Huld

werden mir folgen mein Leben lang

und heimkehren werde ich ins Haus des Herrn

für lange Zeiten.

 

Psalm 23,1-6

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nimm´s mal leicht

Christoph Wittmann

Die Legende des heiligen Christophorus erzählt, dass der großgewachsene, starke Mann auf der Suche nach dem Mächtigsten der Welt letztendlich dem Jesuskind begegnet, das ihn an seine Grenzen bringt, als er es auf seinen Schultern über einen Fluss trägt.

Wie vieles zwingt uns fast in die Knie, weil wir meinen, es allein schultern zu müssen. Wir laden uns Dinge auf, an denen wir schwer tragen. Mit viel Mühe schaffen wir es womöglich, liegen dann aber ausgemergelt danieder.

 

Urlaub und Ferien laden uns ein, die Dinge mal leicht zu nehmen, Abstand zu bekommen vom Alltagsgeschäft und dem, was uns sonst beschäftigt. Mal die Leichtigkeit genießen, die unser Leben bereichern kann, weil wir das tun, was uns gefällt – ohne Leistungsdruck. Ohne schlechtes Gewissen frei zu sein von Verpflichtungen, andere Gegenden zu erleben oder mit Familie oder Freunden eine gute Zeit zu haben.

 

Dabei dürfen wir lernen, dass so manches – mit Abstand gesehen – auch leichter wird. Und mit „Hilfe von Oben“, mit Gottes Beistand, bekommt so manches auch eine Weite und Klarheit.

 

Allen eine gesegnete Urlaubs- und Ferienzeit!

 

 

Der Herr segne Dich und behüte Dich.

Er entlaste Dich von allem, was du glaubst, allein schultern zu müssen.

Er befreie Dich vom Leistungsdruck Deiner täglichen Verpflichtungen.

Er mache Dich fähig, den Moment zu genießen und das, was Dir in der Welt begegnet.

Er schenke Dir Begegnungen, die Dich aufbauen und Dir Freude am Leben schenken.

Er bewahre Dich unversehrt an Leib und Seele, beschütze Dich auf Deinen Wegen und schenke Dir immer eine glückliche Ankunft.

Er komme Dir zu Hilfe mit dem heiligen Jakobus, dem Patron der Pilger, und dem heiligen Christophorus, dem Patron der Reisenden.

Und er möge seinen Engeln befehlen, Dich zu behüten auf allen Deinen Wegen.

Gott schütze Dich!

Amen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Herzlichen Glückwunsch, Grundgesetz

Das Grundgesetz feiert in diesen Tagen seinen 75. Geburtstag. Ein historisches Datum, verbunden mit einem Auftrag – denn seit seiner Verabschiedung war es wohl selten so angefochten wie heute. In einer freiheitlich-demokratischen Verfassung zu leben, erfordert die Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerung.

Unsere Verfassung ist ein Grundgesetz, das uns viel abverlangt, weil es keine einfachen Lösungen präsentiert, sondern zum Dialog und zur Diskussion auffordert. Es übergibt jedem und jeder Einzelnen viel Verantwortung – und erfordert gleichzeitig die Toleranz, dass es in einer Demokratie verschiedene Meinungen gibt und Entscheidungen aus Kompromissen hervorgehen.

Das Grundgesetz macht uns mündig – und fordert uns als Christinnen und Christen heraus, unsere Gaben zu nutzen, die wir aus biblischer Sicht von Gott empfangen als Gaben seines Geistes:

Weisheit, Einsicht, Rat, Stärke, Erkenntnis, Frömmigkeit und Gottesfurcht (vgl. Jes 11,2).

Wenn wir diese Gaben einsetzen, werden wir Gutes hervorbringen, die Kirche spricht von den „Früchten des Geistes“, die auch zum Aufbau unseres Gemeinwohls beitragen: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit (vgl. Gal 5,22-24).

Die Zeit unmittelbar vor der Ausarbeitung unseres Grundgesetzes war geprägt von Hass und Feindschaft. Die letzten 75 Jahre sind also keine Selbstverständlichkeit, auch nicht in einer christlichen Kultur. Umso mehr ergeht der Auftrag an uns alle, nicht nur dankbar zu feiern, sondern verantwortungsvoll in die Zukunft zu schauen. Mit Zuversicht und Hoffnung – oder wie Adolph Kolping sagt: Wer Mut zeigt macht Mut!

 

 

Bildernachweis: Peter Weidemann (Foto) / Dani Karavan (Kunstwerk)
In: Pfarrbriefservice.de

und weiter: counselling / Pixabay.com - Lizenz
In: Pfarrbriefservice.de

 

 

 

 

 

 

Stars auf Augenhöhe

„Unter deinen Schutz und Schirm, fliehen wir, heilige Gottesmutter.“ Dies ist der Anfang meines Lieblingsgebetes zu Maria. In Abbildungen wird sie häufig als „Schutzmantelmadonna“ gezeigt. Die neue Kapelle auf dem Freisinger Domberg hat mich bei meinem ersten Besuch inspiriert: „The Chapel of Mary’s Mantle“ wurde von Kiki Smith gestaltet und im Oktober 2023 eingeweiht.

Maria hat dort ihren Mantel abgelegt, an den Nagel gehängt. Aber nicht, um uns ihren Schutz aufzukündigen – sie hat ihn uns sozusagen „vor die Nase“ gehängt, um uns an unseren Auftrag zu erinnern, den wir als Getaufte haben: anderen in ihrem Namen Schutz zu bieten, anderen Schutzräume anzubieten in unseren Pfarrgemeinden und Verbänden. Menschen sollen sich bei uns aufgehoben und geborgen wissen und lernen, was es heißt, sich für andere zu engagieren, um die Welt etwas besser zu machen.

Maria hat noch etwas zurückgelassen: die Sterne, die sie über ihrem Haupt trägt. Auch die hat sie uns „vor die Nase“ gehängt, damit wir sie „auf Augenhöhe“ sehen können. Für mich sagt dieses Bild aus: wenn ich mir den Schutzmantel der Gottesmutter umhänge, um anderen Sicherheit zu geben, dann bin ich ein Held, ein Star – nicht für mich selbst, sondern für andere.

Und gleichzeitig bin ich unter dem Schutzmantel der Gottesmutter geborgen, weil sie mich im Blick hat, wenn ich die Sterne auf ihrem Haupt zum Leuchten bringe.

 

 

Bild: Christoph Wittmann

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mittendrin statt nur dabei

Wir haben allen Grund zum Jammern über die schlechten Zeiten. Es ist auch keine Besserung in Sicht, zumindest nicht im Augenblick.

Die beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus machen eine ähnliche Erfahrung. Sie sind enttäuscht über das, was sich ereignet hat. Ihre Hoffnungen und Erwartungen wurden nicht erfüllt, Jesus ist tot, er hatte Messiaspotential – und war wohl doch nicht der Messias, oder? Irgendwie drang durch, dass er nicht mehr im Grab sei, sondern auferstanden. Eine seltsame Geschichte…

Doch Jesus ist nicht fernab, er gesellt sich dazu, er geht mit – unerkannt, unbemerkt. Einfach so, hört zu, erklärt, stellt Zusammenhänge her. Die Jünger merken etwas – und können es nicht so recht einordnen.

Jesus drängt sie nicht, umzukehren, obwohl er schon weiß, dass es noch in dieser Nacht geschehen wird. Er geht ihr Tempo mit, lässt sich auf ihren Irrweg ein.

Erst als sie ihn erkennen – beim Brotbrechen – werden sie selbst aktiv, sind nicht mehr zu halten, kehren zurück, müssen erzählen, was sie erlebt haben.

In unserem Leben geht es um Erfahrungen. Ich muss sie selbst machen, damit ich von dem, was mir wichtig ist, sprechen kann, andere darauf aufmerksam machen und mitreißen kann.

Wenn ich beim Jammern bleibe, laufe ich in die falsche Richtung. Es braucht den Wendepunkt, damit ich weiterkomme, das Wesentliche erkenne – und neue Begeisterung spüre.

Das erfordert meine Aufmerksamkeit auf den, der im Brotbrechen erkennbar ist und bleibt – mitten in seiner Kirche, im Herzen unseres Glaubens – in der Eucharistie.

Sie ist und bleibt der Höhepunkt unseres kirchlichen Lebens, in ihr läuft alles zusammen und von ihr strahlt alles aus, was wir brauchen, um überzeugend und mitreißend zu wirken.

Jesus will mittendrin sein in unserem Leben und Wirken, nicht nur dabei – irgendwo am Rande. Er will die Mitte sein und bleiben, damit unser Leben stets neu wird und spannend bleibt.

 

Bildnachweis: Yohanes Vianey Lein, in: Pfarrbriefservice.de

"Weg zum Kreuz"

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Asche auf mein Haupt

Eigentlich sind immer die anderen Schuld. So geht es mir oft – ich mache andere verantwortlich für mein Glück und Unglück, für mein Wohlbefinden und meinen Unfrieden. Es ist leicht, mich aus der Verantwortung nehmen zu können, das entlastet.

Der Aschermittwoch hat dem allerdings ein starkes Zeichen entgegengesetzt: Asche auf mein Haupt! Als Redewendung verweist dieses Wort auf die Trauer und Enttäuschung über mich selbst.

Ich habe oft Anteil an dem, was mir wiederfährt und muss selbst Verantwortung übernehmen. Genau das soll mir in der Fastenzeit bewusst werden: wo liegen meine Anteile, wo muss ich anderen vergeben oder um Vergebung bitten, wo ist ein Neuanfang notwendig, bei dem ich den ersten Schritt tun muss.

Da fallen mir viele Themen ein in Hinblick auf mich selbst und meine Lebensweise, mein Konsumverhalten und meine Gesundheit. Da habe ich den anderen im Blick und die Beziehungsnetze, in denen ich lebe und mich bewege.

Und da fällt mir mein Glaube und meine Beziehung zu Gott ein, mein Verhältnis zu ihm. Auch das ist nicht immer frei von Spannungen oder hat gar an Bedeutung verloren.

Die Fastenzeit ist nicht dazu da, mich niederzudrücken und meine Schwächen aufzuzeigen. Sie soll vielmehr Raum geben, mich neu aufzurichten und mich zu bestärken – im Guten, Schönen und Sinnvollen. Mich neu zu fokussieren und zu konzentrieren auf das Wesentliche in meinem Leben. Auf das, was mir Freude bereitet und meinem Leben Sinn und Richtung gibt.

Gott will mir dabei helfen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Weihnachtsgruß von Landespräses Christoph Wittmann

„Die Zeit ist wahrlich nicht dazu angetan, die Hände in den Schoß zu legen und dem schrecklich sich entwickelnden Schauspiele der neuen politischen Weltgeschichte mutlos und tatenlos zuzuschauen.“

 

Liebe Kolpinggeschwister,

 

wie aktuell dieses Zitat Adolph Kolpings doch ist!

Anscheinend ändern sich die Zeiten nie oder Situationen wiederholen sich in der Menschheitsgeschichte.

 

Sicher hat jede Zeit ihre Herausforderungen und Krisen, jede Lebensgeschichte ihre Höhen und Tiefen. Fatal wäre dann – wie Adolph Kolping schreibt – die Hände in den Schoß zu legen und nichts zu tun oder – wir fügen hinzu – zu resignieren oder gar zu verzweifeln. Christen leben aus der Hoffnung, dass es immer einen Weg und eine Zukunft gibt, an der wir aktiv mitwirken können.

 

Es liegt an uns, wie es weitergeht, wir sind ein wesentlicher Teil der Gesellschaft und gestalten die Geschichte mit.

 

Viele positive Beispiele können uns dabei anregen und anspornen: unser seliger Gründer Adolph Kolping, aber auch so viele Kolpinggeschwister, die wir kennen und die mit uns auf dem Weg waren, die uns geprägt und zu dem gemacht haben, was wir heute sind. Es waren Menschen, die das verkörpert und bewusst oder auch unbewusst in die Tat umgesetzt haben, was Jesus vorgelebt hat und was er selbst verwirklicht hat: Gott Mensch werden zu lassen. Der Welt ein menschliches Gesicht zu geben heißt, Gott in der Welt sichtbar zu machen, weil wir nach seinem Bild geschaffen sind.

 

Im Gesicht des anderen sehen wir Gottes Ebenbild aufleuchten. Im Menschen selbst wird Gott lebendig und gegenwärtig. Das macht unsere Gleichheit und unsere Würde aus.

 

Gehen wir als Kolpinggeschwister miteinander ins neue Jahr und kommen wir immer wieder gerne zusammen: bei den vielen Treffen und Veranstaltungen, die im neuen Jahr unser Kolpings-Familienleben prägen werden, für die wir Verantwortung tragen oder an denen wir „einfach so“ teilnehmen werden. Oder indem wir mal nachfragen, wie es dem anderen geht oder indem wir ab und zu auch füreinander beten.

 

So bleibt unsere Gemeinschaft lebendig, ganz im Sinne unseres Gründers.

 

Euch allen, Euren Familien und Freunden ein friedvolles, gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesundes Jahr 2024!

 

Herzliche Grüße und Treu Kolping!

 

Christoph Wittmann                 Willi Breher            

Landespräses                          Landesgeschäftsführer

 

 

Bild: Peter Weidemann

 

In: Pfarrbriefservice.de

 

 

 

 

 

„Machet die Tore weit“

Was soll da noch kommen? Was kommt da noch?

 

Diese Fragen klingen resignativ und perspektivlos. Von der Zukunft ist nichts mehr zu erwarten. Wozu noch anstrengen? Es bringt ja sowieso nichts. Es schwingt ängstliche Sorge mit, dass die Zukunft auch herausfordernd oder sogar bedrohlich sein könnte, angesichts vieler Kriege und Krisen in der Welt, die bis in meine Lebenswelt vordringen.

 

Mit den biblischen Texten der Adventszeit sind diese Fragen „in guter Gesellschaft“, sie greifen genau diese Zukunftsangst und Resignation auf.

 

Sie bleiben aber dort nicht stehen, sondern weiten die Perspektive, rufen dazu auf, sich nicht ängstlich zurück zu ziehen, sondern aufmerksam und motiviert zu bleiben. Es lohnt sich, weil nicht ETWAS, sondern JEMAND kommt: kein Geringerer als Gott selbst, der uns in Jesus Christus lebendig und auf Augenhöhe begegnet.

 

Der Advent motiviert uns, weiter zu sehen, wieder neu aufzubrechen – weil Gott die Perspektive ist und gibt. Nutzen wir die Gelegenheit, die Türen unserer Herzen aufzumachen, damit er mit seiner Ermutigung und Zusage einziehen kann.

 

 

Bild: Adelheid Weigl-Gosse, www.weigl-gosse.de
In: Pfarrbriefservice.de

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört

Einen anstrengenden Wahlkampf haben die Politikerinnen und Politiker in Bayern hinter sich. Ein Kampf, der geprägt war von Extremen und Populismus. Bei vielen läuten deshalb die Alarmglocken. Wo geht es hin mit unserer Gesellschaft? Wie können wir dem Einhalt gebieten? Wie können wir unseren Diskussionen wieder mehr Niveau verleihen, wie steht es auch um unsere Streitkultur?

Politische Bildung ist eine wichtige Aufgabe für die kommenden Jahre – und dazu gehört auch der richtige Umgang mit Medien, ein Abwägen dessen, was wir so tagtäglich in unsere Wohn- und Arbeitsbereiche gespült bekommen und oft zu unkritisch hinterfragen.

Digitale Mündigkeit und Demokratiebildung als Aufgaben – Bereiche, die zu den Kernkompetenzen unseres Kolpingverbandes zählen. Kolping muss „global denken und regional handeln“ und die Werte hochhalten, die schon Adolph Kolping geprägt haben und nicht an Aktualität verlieren.

„Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört und Gott, was Gott gehört“ (Mt 22,21), heißt es im Evangelium. Wir dürfen uns unserer politischen Verantwortung nicht entziehen, dürfen aber zugleich unser ganzes Vertrauen auf Gott setzen. Wer auf ihn setzt, der geht nicht in die Irre, der steht auf gegen Intoleranz und Fanatismus jeglicher Art. Christliche Werte helfen uns, die Geister zu unterscheiden und nach dem zu streben, was wahr ist und Person und Gesellschaft aufbaut. Bleiben wir diesem Ideal treu: Treu Kolping!

 

Bildnachweis:

Bild: Christiane Raabe
In: Pfarrbriefservice.de

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jugendsünden

Was ich nicht schon so alles auf dem Kerbholz habe! Was wäre, wenn das alles ans Tageslicht käme… Dieser Gedanke kam mir in der aktuellen Diskussion über einen bayrischen Politiker. Was war nicht in der Jugend alles anders, manches regelrecht revolutionär, anderes einfach unverschämt und unreif. Aber wo anfangen – und wo aufhören?

Wenn ich gewusst hätte, dass ich später einmal dieses oder jenes Amt bekleiden würde, dann…

Aber was bringen uns solche Sätze? Und was soll das „Wühlen im Mist“ anderes bewirken, als dass es gehörig stinkt?

Die Heilige Schrift ist da wieder mal weiser als die Menschen, wenn es im Buch der Psalmen des Alten Testamentes heißt:

„Gedenke nicht meiner Jugendsünden und meiner Frevel! Nach deiner Huld gedenke meiner, HERR, denn du bist gütig!“ (Psalm 25,7)

Gott ist gütig und nachgiebig, das erwarten wir auch von ihm. Selbst die Kirche bietet in ihrem „Angebotskatalog“ ein Programm für die Vergebung der Sünden an. Sicher nicht sehr häufig genutzt, zeigt es doch das weite Herz Gottes – und macht wahr, was es verspricht, denn Sakramente bewirken das, wovon sie sprechen und handeln. Voraussetzung ist allerdings, dass der Mensch seine schlechten Taten bereut und sich bessern will.

Wir Menschen dürfen und müssen uns immer wieder selbst kritisch hinterfragen, wozu wir ganz persönlich in der Lage sind und waren. Daraus resultiert dann auch, wie groß und weit unser Herz ist, wenn es um die Vergebung geht, wenn jemand an uns oder in unseren Augen schuldig geworden ist.

Ich persönlich bewundere Gott dafür, dass er so großherzig ist. Ich bin es leider viel zu selten…

 

Bild: Peter Weidemann

In: Pfarrbriefservice.de

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Tragende im Leben

Es gibt die Geschichte eines Riesen, die mich fasziniert: Ein großgewachsener, starker Mann gibt sich nicht zufrieden mit dem, was er ist und was er tut. Er will sein Leben sinnvoll gestalten und sich einsetzen für das Größte und Dienst tun für den Mächtigsten der Welt.

Seine Geschichte ist eine abenteuerliche Suche, die ihn einmal an den Hof eines mächtigen Königs, ein anderes Mal ins Reich des Teufels, den Herrscher der Finsternis, führt. Doch beide – König und Teufel – haben Angst. Und diese Angst ist für den Riesen ein Zeichen für Schwäche, er will nicht in einer angstbesetzten Atmosphäre leben.

So bleibt er beim einfachen Fährmannsdienst, als lebendige Brücke zwischen zwei Ufern, die ein reißender Fluss trennt. Dort dient er viele Jahre den Vorbeikommenden. Dort begegnet er schließlich dem, der ihn in die Knie zwingt: dem augenscheinlich kleinen und schwachen Kind, das sich als mächtigster Herrscher nicht nur der Welt, sondern auch des Himmels zu erkennen gibt. Der Knabe hat Gewicht und bringt den Riesen an die Grenzen seiner Kräfte – am Ende lächelnd sagen: „Du hast den auf den Schultern getragen, der Himmel und Erde verbindet.“

Mich lehrt diese Geschichte des Riesen:

Hab keine Angst vor dem, was im Leben groß und mächtig daherkommt, was dich in die Knie zwingt und niederdrückt. Baue Brücken, die die Menschen verbinden und die Wege zueinander ermöglichen. Lerne aus diesem Brückendienst, dass sich in der Begegnung selbst mit scheinbar Unwichtigem und Kleinem der Sinn des Lebens erschließt. Und glaube nicht, man müsse alles selbst tragen und ertragen – es gibt den einen, der alle und alles mit dir trägt: Jesus Christus.

Und weil der Riese dies erkannt hat, trägt ab diesem Ereignis den Namen „Christophorus, Christusträger“.

 

Bild: Martin Manigatterer
In: Pfarrbriefservice.de

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bild: Martin Manigatterer, Pfarrbriefservice.de

Wendepunkt

 

 

Ende Juni werden vielerorts Sonnwend- oder Johannisfeuer entzündet. Wir feiern um das Fest der Geburt des heiligen Johannes des Täufers die Jahreswende – den längsten Tag und die kürzeste Nacht. Ab dann werden bis Weihnachten die Nächte wieder länger und die Tage kürzer. Erst die Geburt des „Lichtes der Welt“ an Weihnachten besiegt die zunehmende Dunkelheit und die Nächte werden wieder kürzer.

 

Wendepunkte und Wendezeiten erleben wir immer wieder im Laufe unseres Lebens. Wir müssen Entscheidungen treffen, die uns herausfordern und nicht selten Veränderungen mit sich bringen.

 

Doch steckt das Wort „wenden“ auch in Begriffen, die uns in diesen Wendezeiten zuversichtlich stimmen: wir stehen nicht allein da, sondern sind umgeben von Menschen, die sich uns zuwenden und so manchen Widerstand abwenden.

 

Hier kommt auch Gott ins Spiel, der uns eine Heilwende verspricht: er wehrt dem Bösen und schenkt immer eine neue Perspektive. Seine Zuwendung ist heilsam.

 

Im Gotteslob bringt ein Lied das Bild der Waage, die diesen Wendepunkt mitten im laufenden Jahr darstellt: es lohnt sich womöglich, sich die Zeit zu nehmen für eine kurze Zwischenbilanz.

Was ist wirklich notwendig und womit können wir es auch bewenden lassen, weil es uns viel Kraft kostet, ohne wirklich einen Nutzen zu haben. Vielleicht können wir an der einen oder anderen Stelle dem Jahr noch eine positive Wendung geben.

 

In einem Lied zu dieser Zeitenwende, das sich im Gotteslob befindet, heißt es:

 

Das Jahr steht auf der Höhe,

die große Waage ruht.

Nun schenk uns deine Nähe

und mach die Mitte gut.

Herr, zwischen Blühn und Reifen

und Ende und Beginn.

Lass uns dein Wort ergreifen

und wachsen auf dich hin.

 

Kaum ist der Tag am längsten,

wächst wiederum die Nacht.

Begegne unsren Ängsten

mit deiner Liebe Macht.

Das Dunkle und das Helle,

der Schmerz, das Glücklichsein

nimmt alles seine Stelle

in deiner Führung ein.

 

Das Jahr lehrt Abschied nehmen

schon jetzt zur halben Zeit.

Wir sollen uns nicht grämen,

nur wach sein und bereit,

die Tage loszulassen

und was vergänglich ist,

das Ziel ins Auge fassen,

das du, Herr, selber bist.

Du wächst und bleibst für immer,

doch unsre Zeit nimmt ab.

Dein Tun hat Morgenschimmer,

das unsre sinkt ins Grab.

Gib, eh die Sonne schwindet,

der äußre Mensch vergeht,

dass jeder zu dir findet

und durch dich aufersteht.

 

Detlev Block, 1978

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sende aus deinen Geist – und das Antlitz der Erde wird neu

Mit Gottes Geist wird alles neu. Eine erfrischende Zusage!

Erstarrte Strukturen entflechten sich,

fesselnde Ratlosigkeit klärt sich,

lähmende Resignation löst sich,

verhärtete Fronten brechen auf,

tiefsitzendes Misstrauen wandelt sich,

unbeständige Suche findet ein Ziel,

einnehmende Abhängigkeit trifft auf Hilfe,

erkaltete Liebe entbrennt von Neuem …

So vieles verheißt der Heilige Geist denen, die um ihn bitten und sich seiner Hilfe überlassen. Er geht vom Vater und vom Sohn aus und ist uns in Taufe und Firmung geschenkt worden. Er unterstützt uns, als Christinnen und Christen in Kirche und Gesellschaft zu wirken.

Er ist eine innere Kraft, die sich nicht greifen, sehr wohl aber spüren lässt: von mir selbst und von denen, die erkennen, welches Geistes Kind ich bin.

 

Bild: Yohanes Vianey Lein, in: Pfarrbriefservice.de

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich sehe dich in tausend Bildern…

Wunibald Wörle, in: Pfarrbriefservice.de

Ein Satz, der mir im Zusammenhang mit dem Marienmonat Mai in den Sinn kommt, ist ein Zitat von Novalis: „Ich sehe dich in tausend Bildern, Maria, lieblich ausgedrückt. Doch keins von allen kann dich schildern, wie meine Seele dich erblickt.“

Marienverehrung ist nicht jedermanns Sache, ist vielen zu kitschig-emotional, anderen zu konfessionell gebunden, wieder anderen zu volkstümlich. Und vermutlich hat jeder und jede seine ganz eigene Beziehung zur Gottesmutter, an der sich auch seine und ihre Form der Marienverehrung orientiert. Ich selbst war immer ein großer Freund der Marienlieder und der stimmungsvollen Maiandachten vor dem mit einem Blumenmeer überzogenen Marienaltar in meiner Heimatkirche. Die blühende Landschaft wird hineingeholt in die sonnendurchflutete Kirche, es duftet nach Frühling und die Gemüter erwärmen sich nach einer kräftezehrenden Winterzeit.

Doch unabhängig von unserer Beziehung zu dieser Frau zeichnet sie für mich ein Bild, das unseren Familien guttut: fällt Maria doch in der jüdischen Welt mit ihren strengen Regeln und Vorschriften völlig aus dem Rahmen. Sie lebt – nach heutigen Begrifflichkeiten – in einer Patchworkfamilie. Sie ist noch nicht verheiratet und hat ein Kind, das nicht von ihrem Verlobten Josef stammt. Auch damals ein Skandal, nicht zu erklären und zu vermitteln. Noch dazu in einem kleinen Dorf wie Nazareth. Kein Wunder, dass sie Abstand braucht und das Verständnis einer Frau, die ein ähnliches Schicksal ereilt hat, Elisabeth im Bergland von Judäa.

Unser Glaube sprengt alle Grenzen und Regeln und zeigt, dass Gott nicht konventionell vorgeht. Seine Menschwerdung ist genauso außergewöhnlich wie sein Sterben und Auferstehen. Er hält sich nicht an menschliche Vorschriften. Aber er will etwas Wesentliches: den einfachen und geringen Menschen besonders nahe sein. Sie groß machen, ihnen Ansehen und Wert verleihen.

Das macht für mich Marienverehrung und überhaupt unsere Heiligenverehrung aus: wir schauen auf Menschen, die keine großen Heldinnen und Helden sind, sondern ihren Alltag mit Blick auf Jesus Christus und auf Grundlage ihres Glaubens gemeistert haben. Und diese Beispiele kann ich gut annehmen und mich von ihnen inspirieren lassen. Und ich darf in meiner Seele meine eigenen Bilder malen von Maria, den Heiligen, unseren Gründer Adolph Kolping, meinen Namenspatron. Bilder von Menschen, die mir in geistlicher Weise nahe stehen und mich inspirieren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ostergruß 2023

Ostern bringt alles auf einen Nenner, was unseren christlichen Glauben ausmacht: denn er ist ohne die Auferstehung sinnlos. Mit diesem Ereignis ändert Jesus alles, was bisher dagewesen ist. Das Leben hat keine Grenzen mehr, es siegt die Hoffnung auf ewiges Glück.

Dieses Glück bricht immer wieder herein in unseren Alltag: wir erfahren es in unseren Beziehungen und Freundschaften, im Engagement für andere im Werk Adolph Kolpings, wir finden es dort, wo wir uns an Gott wenden im Gebet und im Gottesdienst. Entdeckt die Glücksmomente in Eurem Leben und tragt damit auch zum Glück der anderen bei!

Ich wünsche Euch allen ein frohes und lichtreiches Osterfest!

 

 

 

Bild: Christiane Raabe
In: Pfarrbriefservice.de

 

 

 

 

 

 

Maskenball

Bild: Michael Wittenbruch

Der Fasching bietet mir die Gelegenheit, in fremde Rollen zu schlüpfen. Verschiedenste Kostüme helfen mir, mich so zu verkleiden, wie oder was ich gerne wäre, ermöglichen mir Berufsbilder, Charaktere, Berühmtheiten… Nicht nur Äußerlich kann ich mich ihnen angleichen, sondern auch deren Wesenszüge nachahmen. Und wenn ich dann noch eine Maske aufsetze, werde ich nicht einmal erkannt als derjenige, der ich eigentlich bin und bleibe womöglich den anderen ein Rätsel.

Wenn ich so über einen Maskenball nachdenke, entdecke ich Parallelen zu meinem alltäglichen Leben: wie gerne wäre ich manchmal wer anders, würde gerne andere Rollen spielen, eine andere Stellung in der Gesellschaft einnehmen, berühmt sein, mich nicht mit den alltäglichen Dingen belasten wollen. Und manchmal möchte ich nicht als der erkannt werden, der ich wirklich bin – eben fehlerhaft und schwach, erfolglos und einer in der Masse… Und nicht selten bleibe ich anderen oder gar mir selbst ein Rätsel.

Es ist wohl eine lebenslange Aufgabe, mich so annehmen zu lernen, wie ich bin und mich mit meinen Lebensumständen anzufreunden. Aber es ist auch meine Aufgabe, etwas aus meinem Leben zu machen, mich einzubringen und meine Talente und Fähigkeiten zu entdecken – auch mit Hilfe anderer, im Gegenüber. Und manchmal ist es sogar angebracht, andere um Hilfe und Unterstützung zu bitten.

Als Christ weiß ich darüber hinaus, dass einer mich durch und durch kennt: Gott sieht mich und weiß schon um meinen Weg. Und er liebt mich so, wie ich bin. Er will das Beste für mich. Ein treuer Wegbegleiter, vor dem ich meine Maske ablegen darf und mich anschauen lassen kann, wie ich bin. Mit ihm als Gegenüber entdecke ich die Wahrheit meines Wesens und Lebens.

 

Bild: Michael Wittenbruch
In: Pfarrbriefservice.de

 

 

 

 

 

 

 

 

Gott hat deinen Kalender schon gemacht

© ulleo / Pixabay.com

„Wie tröstlich ist es doch, bester Vater, dass du meinen Kalender für das kommende Jahr schon längst und auf das Genaueste gemacht hast. So überlasse ich mich ganz deiner gütigen Vorsehung und kenne nur eine Sorge, deinen väterlichen Willen zu erkennen und zu erfüllen.“

Diese Sätze stammen aus der Jahresschlussandacht, die ich in den letzten Jahren mitgefeiert habe. Einmal habe ich den Satz auch selbst vorgelesen.

Da kam mir in einem Jahr dieser Satz ganz erleichternd vor: So ein Glück, Gott sorgt für mich, er hat alles schon gut gefügt, ich muss mich nur darauf einlassen.

In einem anderen Jahr kam aber Auflehnung: ich will doch selbst entscheiden, wie mein Kalender aussieht. Wo bleibt sonst meine Freiheit?

Was nun: bin ich selbstbestimmt oder kann ich nicht anders als das tun, was schon vorgesehen ist für mich? Kann ich mich nur meinem Schicksal ergeben oder anders gesagt, Gottes Fügung überlassen?

Tatsache ist, dass Gott mich kennt und um mich weiß. Jede Entscheidung, die ich im kommenden Jahr treffen werde, ist ihm schon bekannt. Er weiß schon jetzt, wie ich mich entscheide – und er wird mich deswegen nicht weniger lieben. Er wird mir auch die Freiheit nicht nehmen – im Gegensatz zu vielen und vielem anderen, das bzw. die mich bestimmen und beeinflussen – beruflich oder privat.

Im Rahmen meiner Möglichkeiten werde ich also frei oder eingeschränkt entscheiden und meinen Weg gehen. Aber eines kann ich sicher sagen: Gott geht diese Wege mit mir. Und wenn er auch die eine oder andere meiner Entscheidungen womöglich nicht gutheißt – er wird mich trotzdem lieben.

Mir geht ein Satz eines Liedes immer sehr nah, in dem es heißt: „Herr, ich danke dir, dass du mich kennst und trotzdem liebst.“

Für das neue Jahr wünsche ich euch, dass ihr euch seiner Liebe immer bewusst seid und bleibt. Dass ihr gute Entscheidungen trefft und eure Wege zuversichtlich geht – und euch nicht abbringen lasst von eurem unbändigen Vertrauen, dass Gott da ist und mich im Blick hat – liebevoll.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gott wird ein Mensch

Gott wird ein Mensch – um das unfassbare fassbar zu machen und uns zu sagen, dass er uns sieht und liebt. Um fassbar zu machen, dass Gott nicht nur im Außergewöhnlichen, sondern im Alltäglichen zu finden ist, dass er nicht unerreichbar ist, sondern sich sehen und hören lässt.

Gott wird ein Mensch – um uns göttlicher und menschlicher zu machen, unser Leben zu würdigen aber auch das aller anderen Menschen in gleicher Weise.

Gott wird ein Mensch – nicht, damit wir keine Fehler mehr machen, sondern dass wir zu ihnen stehen und aus ihnen lernen.

Gott wird ein Mensch – damit wir ihm glauben, dass unser Leben kein Ende hat und bei ihm vollendet wird.

Gott wird ein Mensch – damit wir sehen, wo wir seiner Nähe und seiner Heilung bedürfen.

Gott wird ein Mensch – damit wir in allen Menschen unsere Schwestern und Brüder sehen.

 

 

Ich wünsche allen ein gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest!

 

 

 

 

Bild: Markus Weinländer
In: Pfarrbriefservice.de

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Erwartungen

Bild: Christian Schmitt (Collage) / Michael Wittenbruch (Hintergrund) / geralt (Illustration) / Peter Weidemann (Füllmuster) In: Pfarrbriefservice.de

 

 

 

 

Mein Alltag besteht aus Erwartungen: an Menschen, an Ereignisse, an Politik und Gesellschaft, an mein Leben. Ich erwarte, dass es mir gut geht und die Welt friedlich bleibt, dass es keinen Krieg in unserem Land gibt und die Wirtschaft funktioniert, dass ich finanziell über die Runden kommen, dass mich andere wahr- und ernstnehmen…

 

So vieles kann ich erwarten – und auch nicht. Manches habe ich aufgegeben, weil von diesem oder jenem wenig oder nichts mehr zu erwarten ist. Manchmal werden meine Erwartungen zwar übertroffen, aber oft stelle ich einfach zu hohe Erwartungen an mich und andere. Und oft sage ich ganz selbstbewusst, dass der andere von mir bloß nichts zu erwarten hat oder dass er nicht einmal erwartungsvoll schauen soll, schließlich kann ich nicht alle Erwartungen erfüllen.

 

Der Advent ist traditionell die Zeit der Erwartung. Das Weihnachtsfest steht an, vielleicht Anlass, Besuch zu erwarten oder gut ausgesuchte und mit Liebe ausgedachte Geschenke. Aber auch eine Zeit, in der Erwartungen enttäuscht werden, weil ich es mir eigentlich viel besinnlicher und stimmungsvoller vorgestellt hätte und noch vieles zu erledigen gewesen wäre vor Weihnachten…

 

Unser Leben ist die Zeit großer und enttäuschter Erwartungen. Es ist nun einmal so, dass ich manche Erwartungen anderer nicht erfüllen kann und dass auch meine oft unerfüllt bleiben.

Doch wie ist es mit Gott? Was erwarte ich von ihm oder habe ich da meine Erwartungen auch schon längst aufgegeben?

 

Die Bibel spricht davon, dass er unsere Erwartungen alle erfüllen kann und wird – später einmal, am Ende der Zeit. Aber er tut es auch heute schon, indem sein Reich schon unter uns sichtbar und spürbar wird – dort, wo wir über unsere Erwartungen an andere sprechen, sie austauschen und klären. Wo wir unserer Enttäuschung Raum geben und sie aussprechen, damit mein innerer Friede wächst. Wo wir andere fragen, was sie eigentlich von uns erwarten und klären, was wir von ihnen erwarten würden. Wo Verständigung geschieht und das Verständnis wächst, dort wird Gottes Reich spürbar.

 

Oft braucht es nicht viel mehr, als ein offenes Wort – so wie damals in Bethlehem, als das ewige Wort Mensch geworden ist, damit wir in menschlichen Worten Göttliches kundtun. Worte haben Gewicht, schon aus unserem Mund und wie viel mehr aus dem Mund Gottes.

 

Das göttliche Wort ist ewig – und wir dürfen helfen, es in die Welt hineinzusprechen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Steinig

Der November beginnt bei vielen mit dem Gang zu den Gräbern. In Stein gemeißelt stehen Namen und Daten von Verstorbenen, damit sie nicht vergessen werden.

Nicht vergessen werden sollen auch die Opfer der Novemberpogrome: Stolpersteine erinnern vielerorts an diejenigen, die in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 und viele Jahre danach Hass und Gewalt zum Opfer vielen.

Der 9. November gilt als „Schicksalstag der Deutschen“. An diesem Tag flogen Steine durch Synagogenfenster, es fielen aber auch die trennenden Steine der Berliner Mauer. Nach Jahren der Trennung war endlich wieder Freiheit spürbar.

Auch kirchlich gesehen ist der 9. November ein Schicksalstag. Die Kirche feiert den Weihetag der Lateranbasilika in Rom, Mutter und Haupt aller Kirchen Roms und des Erdkreises. Und 1897 wurde an diesem Tag der Deutsche Caritasverband gegründet, der seither vielen Menschen zum und ins Leben hilft.

Im ersten Petrusbrief hören wir: „Kommt zu ihm, Jesus Christus, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist! Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen!“ (2,4-9).

Steine, die lebendig sind, die ein solides Fundament legen für Glaube, Hoffnung und Liebe gegen Steine des Anstoßes, die trennen, verletzten und töten. Ein Tag der Gegensätze in einer Welt voller Gegensätze.

Als Glaubende hören wir die Aufforderung Jesu, lebendige Steine zu sein und Leben für andere zu ermöglichen, aufzurichten und Halt zu geben – weil wir in Christus lebendig und heilig sind – nicht erst nach dem Tod, sondern schon in diesem Leben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Goldener Oktober

(Bild: Johannes Wiesmann In: Pfarrbriefservice.de)

Es ist traumhaft schön, im Herbst durch Alleen zu fahren oder an Waldrändern spazieren zu gehen. Die bunten Blätter setzen schillernde Farbtupfer in unsere Landschaft und lassen durch die Herbstsonne die Gemüter erstrahlen.

Und doch sind die bunten Blätter Boten der Vergänglichkeit. Sie befinden sich im Zustand des Absterbens und Abfallens. Bald werden die Bäume ganz kahl dastehen, Winter und Kälte ins Land ziehen.

Mich macht dieses Naturschauspiel nachdenklich:

Was bleibt von dem, was ich schaffe und wirke – worauf kann ich in meinem Leben stolz sein?

Trägt es zur Freude für mich und andere bei und macht es mein Leben und das Leben anderer „bunt und farbenfroh“?

Was muss „sterben“, wovon muss ich Abschied nehmen, damit ich freier werde?

Es bedarf dann und wann der Reflexion, des Rückblickes auf meine Lebensjahre – ganz ehrlich und ungeschönt, aber auch mit einem gesunden Selbstbewusstsein für die Erfolge meines Lebens.

Im Nachdenken scheinen wertvolle Momente auf, die es sich lohnt zu hüten wie einen Schatz. Es gibt so vieles, was mich als Persönlichkeit auszeichnet und zu dem gemacht hat, was ich bin. Diese „goldenen Erfahrungen“ meines Lebens dürfen in mir glänzen und mich daran erinnern, dass ich wertvoll bin.

Und doch bestimmt letztlich nicht die Summe meiner Erfolge meinen Wert, sondern mein Dasein an sich. In den Augen Gottes bin ich einzigartig und wertvoll – das darf ich glauben und daraus erwächst eine Frucht, „die besser ist als Gold“ (Spr 8,19).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

11. Gebot: Du sollst Urlaub machen!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In Bayern haben wir nun endlich auch Sommerferien. Zeit zum Urlaub machen. Viele verreisen oder genießen die Zeit daheim. Einige sparen sich den Urlaub für die Nachsaison oder andere Zeiten auf und gehen ihren Alltagsgeschäften nach. Das hat auch was – ist vielleicht der Weg zur Arbeit entspannter oder der Kommunikationsdruck allenthalben geringer und man kann viele Dinge auf- und abarbeiten. Die Sehnsucht nach ruhigeren Bahnen jedoch überwiegt meist bei allen. Zur Ruhe kommen, um wieder aufnahmebereit, aufmerksam werden zu können, raus aus dem Alltagsgeschäft.

 

Am kommenden Samstag wird uns im Evangelium ein außergewöhnliches Ereignis geschildert. Die Jünger steigen mit Jesus auf einen hohen Berg. Verortet hat man diese Bergbesteigung seit dem dritten Jahrhundert in Galiläa auf den Tabor. Oben angekommen fallen alle dem Erholungsbedürfnis nachgebend vor Müdigkeit in den Schlaf – und beinah hätten sie die Begegnung Jesu mit Mose und Elija buchstäblich verschlafen. Um den Augenblick festhalten zu können schlägt Petrus Jesus vor drei Hütten zu bauen. Gleichsam den göttlichen Moment „einzuhausen“.

 

Nein, es kommt anders – nicht Hyperaktivität kann das Erlebte konservieren, sondern der neu gewonnene Blick auf Jesus und seine Botschaft. Taborerlebnisse nennen wir solche Momente. Damit wir diese bemerken braucht es Zeit und manchmal auch den richtigen Ort, ob im Alltag oder am Urlaubsort. Ob am Sandstrand, in den Bergen und vielleicht auch auf „Balkonien“.

 

Ich wünsche Ihnen viele Momente und viel freie Zeit. Tun Sie, was Ihnen gut tut! Verschlafen wir nicht die göttlichen Momente in unserem Leben, schon gar nicht im Urlaub. Arbeiten wir miteinander am „11. Gebot“, damit es sich nahtlos einbindet in die 10 bekannten Gebote Gottes für die Menschheit. Passt es doch zusätzlich zu diesen Geboten wie die B-Seite der Schallplatte des Lebens.

 

 

Evangelium: Lk 9,28b–36

In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus mit sich und stieg auf einen Berg, um zu beten. Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes und sein Gewand wurde leuchtend weiß. Und siehe, es redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elíja; sie erschienen in Herrlichkeit und sprachen von seinem Ende, das er in Jerusalem erfüllen sollte. Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen, wurden jedoch wach und sahen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen. Und es geschah: Als diese sich von ihm trennen wollten, sagte Petrus zu Jesus: Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elíja. Er wusste aber nicht, was er sagte. Während er noch redete, kam eine Wolke und überschattete sie. Sie aber fürchteten sich, als sie in die Wolke hineingerieten. Da erscholl eine Stimme aus der Wolke: Dieser ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören. Während die Stimme erscholl, fanden sie Jesus allein. Und sie schwiegen und erzählten in jenen Tagen niemandem von dem, was sie gesehen hatten.

 

(Willi Breher)

 

 

 

 

Ostern

Wenn man vom Ostermorgen spricht, spricht man doppelt vom Morgen.

 

Das Wort Ostern soll indogermanischen Ursprungs sein und die „Morgenröte“ bezeichnen. Auch kann man aus verschiedenen Quellen in Erfahrung bringen, dass die Germanen im frühen Mittelalter ein vorchristliches germanisches Frühlingsfest - zu Ehren einer Göttin der Morgenröte - mit dem christlichen Osterfest ersetzt hätten. Andere meinen, es kommt von der Himmelsrichtung – auch richtig, im Osten geht schließlich die Sonne auf.

 

Auf alle Fälle hat Ostern etwas mit einem frischen Licht, mit einem Beginn zu tun:

 

Karfreitag ist nicht das Ende, das ist die Hoffnung der Christenheit!

 

Und diese Hoffnung basiert auf Erfahrungen aus den Begegnungen der Menschen mit Jesus von Nazareth, seinen Worten, seinem Leben und seinem Sterben.

 

In den Ostererzählungen der Evangelien verdichtet sich dieses Wirken nachhaltig. Der weggewälzte Stein wird da zum Symbol der Auferstehung, der Befreiung und zum Sieg des Lebens über den Tod.

 

Der Mensch selbst hat diesen Stein vor das Grab gerollt, er findet sich ab mit dem von Menschen verursachten Totmachen: Mit der Ermordung von Soldaten und Zivilisten, mit den vielen Todesfällen, die vom Hunger in der Welt, von selbstgemachten Klimakatastrophen oder beispielsweise von Wirtschaftskriminalität verursacht sind. Um an Ostern nicht trübsinnig zu werden, lasse ich es bei wenigen Schlaglichtern des Übels.

 

Vielmehr geht es mir darum:

Gott ist es – nicht der Mensch – der diesen Stein vom Grab weg wälzt.

 

Das Evangelium erzählt von drei Frauen, die darüber nachdenken, wie sie die „Verschluss-Sache“, den Stein, vom Grabe wegbekommen sollen.

Viele Steine liegen auf unseren Herzen, wer wird sie wegrollen? Der Grabstein ist wohl der letzte und größte der Felsen unserer Existenz.

Doch, das Grab ist leer und der Stein weggewälzt!

 

Die Erfahrung wird zur Verheißung für alle Menschen, auch für diejenigen, die nicht daran glauben wollen oder können.

Die Verheißung ist mit Ostern kein Fake, sondern Faktum!

Der Ostermorgen – wir können ihn nicht verhindern, denn Gott selbst hat den Stein weggewälzt!

 

Ich wünsche Ihnen allen ein frohes und gesegnetes Osterfest!

 

Christus ist erstanden!

 

(Autor: Willi Breher)

 

 

 

 

 

 

 

Waffen für den Frieden?

Foto Erich Engl - Pfaffenhofen

"Dass die Hand abfaule dem, der eine Waff' zur Hilfe nähm!"

 

Unter dem Eindruck der Katastrophe des zweiten Weltkriegs und der Verstrickung des Deutschen Volkes in die Machenschaften der Nazi-Herrschaft zitierten namhafte Politiker diesen Satz. Vielen Kriegsdienstverweigern war dieser Satz die Leitlinie für ihre Entscheidung. Kriegsdienstverweigerer, so nannte man diejenigen, die sich statt dem Dienst in der neu aufgebauten Bundeswehr für einen sozialen Dienst als sog. Zivis, Ersatzdienstleistende entschieden und zu Beginn auch in einer juristischen Verhandlung diesbezüglich anerkennen lassen mussten.

 

Der brutale Überfall der russischen Armee unter dem Befehl einer skrupellosen Machtzentrale in Moskau macht es einem damals völlig überzeugten Pazifisten sehr schwer, an seiner Grundhaltung festzuhalten - zugegeben auch mir!

 

In vielen Gemeinden finden seit Beginn des Krieges in der Ukraine Friedensgebete statt. Immer wieder ist zu hören - was nützen Gebete, die ukrainische Armee braucht Waffen!

 

Wenn wir von den verzweifelten, verletzten und getöteten Menschen in den Medien hören und sehen und die vielen Flüchtlinge erleben, dann ist man mit der Friedensempfehlung Jesu "die andere Wange hinzuhalten" in einem schier unauflöslichem Dilemma.

 

Ist Notwehr unchristlich?

 

Der Heilige und Kirchengelehrte Augustinus versucht in seinen Schriften einen Krieg unter bestimmten Umständen als gerechtfertigt auszulegen. Er meinte damit nicht, dass Krieg als gutes Mittel zu rechtfertigen sei - aber im Hinblick auf die Abwägung des in Kauf zu nehmenden kleineren oder größeren Übels, gerade in einem Vernichtungskrieg wie wir ihn aktuell erleben müssen, zur Wiederherstellung des Rechts und des Völkerrechts in Erwägung gezogen werden kann.

 

Dennoch akzeptiere ich nicht die Aussage, dass Gebete hier nichts nützen - sie tragen bei, den Gedanken des Friedens nicht zu verlieren und geben den Menschen die Hoffnung und Zuversicht, die sie in dieser entsetzten und traurigen Situation brauchen.

 

Wir bestürmen einen Gott von dem wir sagen, dass er uns zu Hilfe eilt!

Diese Hoffnung wollen wir nicht verlieren, diese Hoffnung hält uns alle am Leben!

 

Beten wir weiter für den Frieden - Herr gib uns Deinen Frieden!

 

 

Foto: Erich Engl - Pfaffenhofen

 

(Autor: Willi Breher)

Unrat im Sieb

„Im Sieb bleibt, wenn man es schüttelt, der Abfall zurück; so entdeckt man den Unrat eines Menschen in seinem Denken.“ Sir 27,4

 

Zum Sieben von Getreide benutzt man zweierlei Siebe – ein feinmaschiges Sieb, um die Körner zurückzuhalten und kleinere Sandkörnchen fallen durch, oder ein grobmaschiges Sieb, bei dem die Körner aufgefangen werden und dabei das Gehäckselte und der Unrat im Sieb zurückbleibt.

 

Nun gut, jeder Vergleich mag hinken, aber würde man das Gehirn eines Kriegstreibers einem Sieb unterziehen, so ist man zunächst angesichts des blutigen und zerstörerischen Überfalls des Präsidenten Russlands und seiner Vasallen dermaßen schockiert und wütend, dass man ohnmächtig gerne bereit ist, um der Sache willen diesen Vergleich zu ziehen.

 

Glaubt man den Publikationen und Berichten, dann ist das verdeckte Vorhaben über die 20 Jahre der Herrschaft hinweg nun vollends ausgeschüttelt und das Ergebnis präsentiert sich in dem, was im Sieb aktuell und wohl auch in der Geschichte hängenbleibt: Ein Morden und Zerstören um der Vorherrschaft und dem eigenen Geltungsbedürfnis willen.

 

Die Textsequenz aus dem Buch Jesus Sirach hatte sicherlich andere Vorgänge im Blick und ist auch aus seinem Zusammenhang gerissen, dennoch lädt er aktuell zum Nachdenken ein.

Was tun mit dem Unrat, der sich allenthalben im Sieb des Lebens ansammelt und droht übermächtig Platz zu greifen?

 

Es mag angesichts der Ungeheuerlichkeit des aktuellen Kriegsgeschehen banal klingen und soll auch nicht davon ablenken, aber seien wir uns doch mal ehrlich: Haben wir nicht alle unsere kleinen Kriegsschauplätze, Morasthaufen und „Gottseidank“ nicht die Macht dazu diese im Flächenbrand auf die Menschheit abzuladen.

 

In den sozialen Medien können wir uns da trefflich die Dinge um die Ohren hauen und ständig im Sieb der anderen wühlen. Nun gut, da wird keiner erschossen, aber das Bombardement mit Worten hat gerade junge Leute schon häufig in die Depression und sogar in den Suizid getrieben.

 

Im Lukasevangelium des vergangenen Sonntags fordert Jesus seine Jünger auf, ehrlich zu sein. Ehrlich zu sein auch im Hinblick auf das eigene Tun und Denken. „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?“

 

Ich denke mal, die Fastenzeit kam mit dem Aschermittwoch gerade rechtzeitig, um sich mit dem Schmutz und Unrat des eigenen Lebens zu befassen. Buße und Umkehr braucht es im Großen und im Kleinen.

 

Das mindert nicht das Leid der Menschen, die durch zerstörerischen Krieg ihrer Existenz und ihres Lebens beraubt werden. Unsere Gebete und Solidaritätsbekundungen brauchen aber auch ernsthafte und spürbare Zeichen der Selbstbesinnung und des Wandels, auch im Umgang mit Diktatoren, Gasleitungen und Geldkreisläufen.

 

„Kann etwa ein Blinder einen Blinden führen? Werden nicht beide in eine Grube fallen?“ (Lk 6,39)

 

Also Augen auf und mal im eigenen Sieb des Lebens nachschauen, was uns so alles blind machen kann.

 

(Autor: Willi Breher)

Christoph Wittmann